Der deutsche Beiname „der Schreckliche“ ist nicht die adäquate Übersetzung der russischen Bezeichnung. Iwans Beiname lautet im Russischen groznyj, was der „Dräuende“, der „Strenge“, „der Furchteinflößende“ bedeutet. Doch schon zu Lebzeiten Iwans verbreitete sich an westeuropäischen Höfen sein furchtbarer Ruf, der zu der Bezeichnung „der Schreckliche“ führte. Seit einer aufgedeckten Bojarenverschwörung gegen seine Mutter war Iwan mit einem krankhaften Misstrauen gegen fast jedermann erfüllt. Schon als Kind zeigte sich bei Iwan der Hang zum Choleriker und Sadismus gegenüber Tieren, gefördert durch die grausame und unmenschliche Behandlung seitens der Bojaren nach seiner Mutter Tod.
Nach dem Verlust seiner ersten Frau Anastasia Romanowna Sacharjina im Jahre 1560, des einzigen Menschen nach seiner Mutter, den er wirklich liebte, schlug er vor versammeltem Hofstaat seinen Kopf gegen die Wand bis er blutete, schrie und tobte wie ein Rasender. Seine Gemütsschwankungen, seine Launenhaftigkeit und sein Jähzorn, auch gegen sich selbst, traten damit deutlicher und extremer denn je zu Tage. Iwan heiratete nach seiner zweiten Frau fünf (sechs) Frauen innerhalb von neun Jahren (1571–1580). Sie starben entweder eines ungeklärten Todes oder wurden von ihm verstoßen und in ein Kloster verbannt. Aus seinem tiefen Misstrauen heraus, das auch vor seinen Gemahlinnen nicht halt machte, belauschte er diese im Schlaf in der Hoffnung, dass sie reden und ihre wahre Meinung über ihn verraten.
Zwischen 1563 und 1575 suchten neun Massenexekutionen Russland heim, zu deren Durchführung (und für andere Vorhaben) er eine eigene Spezialtruppe, die „Opritschniki“, gründete. Es war eine berittene „Bande“ mit Besen (Reinigung) und Hundekopf (Unterwürfigkeit und Spürsinn) als Abzeichen, deren Mitglieder sowohl Leibwächter wie Spitzel, Häscher wie Henker waren – vergleichbar mit manchen Geheimdiensten der Diktaturen des 20. Jahrhundert. Die Opritschniki verbreiteten eine wahre Schreckenswelle im ganzen Land und waren seine Handlanger bei der Ermordung der Bevölkerung zu Tausenden. Sie unterstanden ihm unmittelbar und wurden zu einem Staat im Staat.
Berichtet werden diverse Beispiele seiner kaum überbietbaren Grausamkeit, speziell in der zweiten Hälfte seiner Herrschaft. So ließ er am 25. Juli 1570 auf dem Hauptplatz in Moskau (dem Vorgänger des heutigen Roten Platzes) eine Massenhinrichtung der grausamsten Art vornehmen. Große Teile der Bevölkerung haben aus Angst das Weite gesucht, so dass die Straßen wie ausgestorben wirkten. Seinen getreuen Kanzler Iwan Michailowitsch Wiskowaty (russ. Ива́н Михай́лович Вискова́тый) ließ er bei lebendigem Leibe von den Opritschniki unter ihrem Anführer Maljuta Skuratow (russ. Малю́та Ску́ратов) zentimeterweise zerstückeln. Die Anklage lautete auf dreifachen Hochverrat, im Zuge dessen der Angeklagte den polnischen König Sigismund II., den türkischen Sultan Selim II. und einen weiteren Herrscher, Devlet I. Giray, den Khan der Krim, um Hilfe gebeten und ersterem den Besitz von Nowgorod und den anderen Zutritt in das Land gewährt haben soll, was der ehemalige Kanzler als Verleumdung zurückwies. Sein Freund, Iwans Schatzmeister Nikita Funikow (Ники́та Фу́ников), wurde solange mit kochendem und eiskaltem Wasser begossen, bis dessen Fleisch sich von den Knochen löste. Nach vier Stunden waren 200 Menschen auf ähnlich grausame Art und Weise vor den Augen der verbliebenen Moskauer, die den Zaren aus Angst hochleben ließen, abgeschlachtet.[8]
Im Juli 1564 legte er selbst Hand an, als der junge Fürst Dmitri Obolenski einige tadelnde Worte sprach und Iwan ihm darauf ein Messer ins Herz stieß.[9] Peter Petrejus, ein deutsch-schwedischer Reisender und Russlandhistoriker des 17. Jahrhunderts, überlieferte: „Einmal ließ er einen Fürsten in ein Bärenfell einnähen und auf das Eis bringen. Als seine großen Hunde den vermeintlichen Bären in Stücke rissen, belustigte der Zar sich so sehr, dass er vor Freude nicht wusste, auf welchem Bein er stehen sollte.“[10] Einen Bojaren, der sich vor ihm in ein Kloster geflüchtet hatte, ließ er fesseln, auf ein Pulverfass setzen und in die Luft sprengen: „So kommt er dem Himmel und den Engeln näher!“ sagte Iwan.
Er soll Gefallen daran gefunden haben, sich besondere Foltermethoden auszudenken und dem Todeskampf seiner Opfer zuzusehen. Hierbei machte er auch vor seinen Bediensteten nicht halt, die er nach Laune dem Tod überantwortete. Pervertierter Großmut zeigte sich darin, dass er Wünsche seiner Untertanen in einem Korb sammeln ließ, um sie dann nicht zu erfüllen; ein zeitgenössisches Sprichwort lautet daher „Leg deinen Wunsch in Iwans Korb“. 1569 ließ er Nowgorod und Pskow von den Opritschniki einschließen und alle Bürger von Ruf niedermetzeln, öffentlich rösten oder verbrennen. Frauen und Kinder wurden gefesselt in den Wolchow geworfen, die nicht ertranken von Iwans Schergen mit Äxten erschlagen oder unter die Eisdecke gedrückt. Seit diesem Ereignis begannen seine Untertanen, ihn „Grosny“ (den „Strengen“) zu nennen, möglicherweise ein Euphemismus. Nach anderen Quellen sei der Name bereits während seiner einzigen militärischen Erfolge, der Eroberung der Khanate Kazan und Astrachan, aufgekommen, in der Form des „Furchteinflößenden“ gegenüber seinen Feinden – nicht als „Schrecklicher“ gegen sein eigenes Volk.[11]
Sein Totschlag an seinem Sohn Iwan, dem Zarewitsch, während eines von ihm selbst angestifteten Streites im Jähzorn, den er sofort zutiefst bereute, ist ein klares Beispiel für seine zerrüttete Wesensart. Aber er war nicht der letzte Zar, der seinen eigenen Sohn und Nachfolger tötete (Peter I.). Iwan hatte nach dieser Tat vermerkt: „Von Adam an bis zu diesem Tag habe ich sämtliche Sünder übertroffen. Bestialisch und verdorben habe ich meine Seele besudelt.“
Auch rühmte er sich, angeblich über 1000 Jungfrauen vergewaltigt und anschließend die daraus entstandenen Kinder abgeschlachtet zu haben, so lautet zumindest ein Mythos der katholischen Propaganda aus dem 16. Jahrhundert. Eine reale Grundlage dieses Mythos ist die Wahl der zaristischen Braut.
Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Iwan_IV._%28Russland%29